Vielleicht ist es das bekannte Sommerloch oder der ebenso berühmte „Sack Reis“ – wie bereits in den Kommentaren geschrieben – der uns derartige Artikel beschert. So schreibt Meedia.de lust- und ziellos über die „Müde Facebook-Show unserer Olympioniken“ und bemängelt darin die geringe Anzahl an Tweets oder veraltete Einträge.
Und dennoch lohnt es sich, den Artikel bis zum Schluss zu lesen, denn dieser mündet in dem beinahe heuchlerischem Aufruf „Dabeisein ist alles.“ Ist es eben nicht! Nun mag es mannigfaltige Gründe geben, warum Paul Biedermann nicht soviel auf Facebook postet wie Michael Phelps oder weshalb Usain Bolt über 700.000 Follower auf Twitter hat. Einer davon mag der internationale Bekanntheitsgrad sein. Und ein völlig unempirisches Bauchgefühl sagt mir, dass selbst bei Umfrage auf Deutschlands Straßen Michael Phelps mehr Treffer als Paul Biedermann bekäme. Vielleicht nehmen sich deutsche Athleten für Medienarbeit auch einfach weniger Zeit. Vielleicht ist sie in den Köpfen auch einfach weniger präsent als bei den amerikanischen „Vorbildern“.
Jedenfalls wird gerne vergessen, dass nicht jeder gleichermaßen über die ultimative Medienkompetenz verfügt, zur Rampensau geboren ist oder sich kommunikativ sicher bewegt, wie der abgebrühteste PR-Berater. Eines der bekanntesten Beispiele, wie schwierig das Engagement in sozialen Netzwerken bisweilen sein kann, benennt Meedia selbst: Ariane Friedrich und Ihre Auseinandersetzung mit einem „Cyber-Stalker“. Nun mag an dieser Stelle weder bewertet werden, ob sie sich richtig oder falsch verhalten hat oder ihr Facebook-Rückzug richtig war. Unbestritten ist aber sicherlich, dass sich Friedrich mit der öffentlichen und namentlichen Benennung des Mannes, der ihr obszöne Bilder geschickt haben soll, nicht nur Freunde gemacht hat. Von Solidaritätsbekundungen bis zum Sturm der Entrüstung über diese Art von Internet-Pranger war alles dabei.
Ein weiteres Beispiel aus der Kategorie „So schnell kann’s gehen“ lieferte die griechische Athletin Paraskevi Papachristou. Ihr bescherte ein Tweet, den viele Menschen als rassistische Beleidigung empfanden, den Ausschluss aus dem Olympia-Team. 140 Zeichen, die die Karriere zerstören können – oder zumindest große Chancen verpassen lassen.
Das wären nur zwei Beispiele von vielen. Gefühlt gibt es jede Woche einen neuen „Shitstorm“; ob nun wegen einer unbedachten Äußerung eines B-Promis, weil ein Unternehmen nicht das hält, was es verspricht oder weil ein Basketballstar früher beim Metzger eine Scheibe Fleischwurst auf die Hand bekommen hat. Selbst dann – wenn Menschen zuviel Zeit haben und Themen sich verselbstständigen.
Nun mögen diese oder jene Reaktionen gerechtfertig oder überzogen gewesen sein; wenn die eigene Facebookseite (oder die einer Kollegin) erst einmal explodiert, dann entsteht Unsicherheit. Diese wird womöglich zusätzlich geschürt durch strenge Regeln des IOC, bei denen wirtschaftliche Interessen ganz schnell über der Kommunikation mit den Fans steht.
Also, liebe Meedia & Co. (der Fairness halber seit erwähnt, dass dieser Tage so einige Medien auf diesen Zug aufspringen): nur dabeisein ist eben nicht alles! Es gehört weitaus mehr dazu. Das fängt mit dem Willen an, geht mit der Zeit weiter und hört bei der sozialen Medienkompetenz immernoch nicht auf.
Zu guter Letzt: Social Media ist Kür, nicht Pflicht.