Die dmexco ist noch keine Woche alt und es hallt und schallt nur so durch die Nachberichterstattung: Native Advertising! Und auch vorher verging gefühlt keine Woche, in der man in der Online-Marketing-Fachpresse nicht über diese ganz ursprüngliche Form des Werbens lesen konnte.
Um ein paar Aspekte von Content Marketing und Native Advertising (ja, darf man gerne in einem Atemzug nennen) einmal vorweg zu nehmen: guter, werblicher Content ist wichtig und hat unbestritten seine Daseinsberechtigung. Guter Content darf, kann und sollte als Marketingvehikel eingesetzt werden und es ist absolut legitim, der relevanten Zielgruppe damit ganz dicht auf den Leib zu rücken. Ja, Kostenlosmentalität und Adblocker drängen Verlage und Vermarkter in neue Formate dieser Art. Ja, vom Grundsatz und in Ansätzen ist die Idee gut. Die Umsetzung ist und bleibt eine recht sensible Angelegenheit. Eines ist das Konzept von Native Advertising jedenfalls nicht: neu.
Bereits in der eigenen Bezeichnung steckt ironischerweise ein Hinweis darauf, dass Native Advertising eigentlich ein ganz alter Hut ist. Es ist eben nämlich ein ganz „ursprüngliches“ und „ureigenes“ Interesse der Werbewelt, sich unmittelbar an die journalistischen Inhalte zu heften. Ob nun seit Jahrzehnten in Print, TV, Radio oder seit einigen Jahren nun auch online – es geht um zielgruppenrelevante Inhalte; und diesen möchte der Werbetreibende so nahe wie nur irgend möglich sein. Ist es nicht der im Stillen langgehegte Traum von Marketing-Menschen und PR-Leuten, den journalistischen Text mit werblichen Inhalten zu unterwandern? Ganz bestimmt. Doch die praktische Umsetzung hat ihre Grenzen bzw. sollte diese unbedingt haben.
Journalismus und Werbung existieren schon immer in einer Art Symbiose. Werbung subventioniert Journalismus und Journalismus schafft für die Werbung ein relevantes, glaubwürdiges Umfeld. Und damit wären wir beim essentiellen Grund, weshalb die Dosierung von Native Advertising sehr viel Fingerspitzengefühl erfordert. Werbung ist auf die Authentizität des Trägermediums angewiesen; das gilt für die ehrwürdige, alteingesessene Tageszeitung genauso wie für den Fashion- oder Reiseblogger. Wenn der Leser den Eindruck bekommt, dass er nur noch bezahlten Content und werbediktierte Botschaften vorgesetzt bekommt, dann wird er dem Portal, dem Blog, dem Videochannel über kurz oder lang den Rücken kehren. Dann sind Authentizität, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit verloren und dann vermag – mangels Reichweite – auch Native Advertising nichts mehr auszurichten.
Die Wahrheit liegt also mal wieder irgendwo zwischen den Extremen bzw. ist sie eine Frage der Dosierung und der Balance. Gut gemachte Native Adverts, die dem journalistischen Umfeld den notwendigen Respekt entgegenbringen, können für den Nutzer einen großen Mehrwert bedeuten, ohne dem Medium zu schaden. Dass es sich nun um eine neue Werbewunderwaffe handelt, wie im Rahmen solcher Messen gerne mal euphorisch übertrieben wird, bleibt zu bezweifeln.