Das Internet ist in diesen Tagen 25 Jahre alt geworden. In weiten Teilen ist das Netz, verglichen mit damals, nicht wiederzuerkennen. Es gibt jedoch einige wenige, aber nicht minder entscheidende Dinge, die sich scheinbar überhaupt nicht verändert haben. Damals wie heute scheint der Klick in weiten Teilen des digitalen Lebens das Maß der Dinge zu sein.
Seit 1989 – und damit der Tim Berners-Lee zugeschriebenen Gründerzeit des WWW – ist technisch, technologisch und gesellschaftlich so viel passiert, dass es kaum in einem Blog-Artikel vernünftig zusammengefasst werden kann. Virtuelle Welten kamen und gingen, Menschen sind trotz und dank des Internets reicher und ärmer geworden und das Leben ganz allgemein findet heute in nicht unerheblichen Maße online statt. Die Grenzen sind fließend; es wird geshoppt, gebucht, gestreamt, geteilt, Petitionen werden unterstützt und Projekte massenfinanziert – allesamt Dinge, die vor zwei Jahrzehnten noch nahezu undenkbar oder höchstens leise Zukunftsmusik waren. Jedoch scheint es, als hätten sich essentielle Bewertungsmaßstäbe und Abrechnungsmodelle für die digitale Welt nur unwesentlich verändert bzw. weiterentwickelt – insbesondere aus der Sicht der Online-Werbung und des digitalen Marketings. Noch immer gilt der Klick als Interessensbekundung, als Engagement, als Kaufabsicht – vermeintliche Korrelationen, die es immer wieder kritisch zu hinterfragen gilt.
Eine aktuelle Studie relativiert jedenfalls die Aussagekraft dieses virtuellen Fingerzeigs; Tony Haile, CEO des Datenanalyse-Unternehmens Chartbeat, liefert mit einer umfangreichen Untersuchung nicht nur aufschlussreiches Datenmaterial, sondern er räumt darüber hinaus mit einigen Mythen der Online-Welt auf. So gelangt Chartbeat aufgrund der Analyse (untersucht wurden 2 Mrd. Page Impressions und 580.000 Artikel auf 2.000 Websites) zu der Erkenntnis, dass ein Klick nicht zwingend bedeutet, etwas auch wirklich gelesen zu haben; das gilt ebenso für Inhalte, die über soziale Netzwerke geteilt wurden. Chartbeat identifiziert darüber hinaus eine hohe negative Korrelation zwischen der Lesedauer von Artikeln und der Aktivität in Sachen Social Media. Kurzum: umso länger die Lesedauer desto geringer die Ambition, etwas zu teilen.
Ferner kommt die Studie zu dem (wenig überraschenden) Schluss, „Native Advertising“ sei nun auch nicht die Universalwaffe der bezahlten Kommunikation. In Zahlen ausgedrückt ist das Engagement gegenüber originärem Content knapp dreimal so hoch wie bei nativem Werbeinhalt, gemessen am Scrolling-Verhalten der Nutzer.
Gleichzeitig bricht Chartbeat dann aber doch eine Lanze für das gute alte Werbebanner. Während regelmäßig über rückläufige Klickraten und Bannerblindheit diskutiert wird, gibt es der Untersuchung zufolge kaum ein Instrument, das besser geeignet wäre, nachhaltige Brandingeffekte auszulösen. Entscheidend sei hierbei die Zeitspanne, in der ein Internetangebot betrachtet wird. Die Formel für ein erfolgreiches Werbemittel ist simpel: das Banner sollte kreativ und ansprechend gestaltet sowie clever platziert sein, damit die Werbebotschaft die Aufmerksamkeit des Nutzers erlangt.
So einfach und schlicht die Ergebnisse in ihren Aussagen erscheinen mögen, so sehr sensibilisieren sie dafür, zu differenzieren und nicht alles auf eine Kennzahl zu setzen. Der Klick hat nicht ausgedient. Er darf in der Bewertung von Online-Kampagnen und im Hinblick auf die Güte von digitalen Inhalten nicht das einzige Maß der Dinge bleiben. Ebenso wenig darf im Zeitalter von Social Media Marketing einzig und allein auf „Likes“ und „Shares“ geschielt werden; und schon gar nicht dürfen diese Zahlen unreflektiert mit Kommunikationserfolg korreliert werden.